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Noch ist Piratebay nicht gesperrt. Quelle: Screenshot |
Es wird Klagen hageln. So könnte man wohl die Aussendung des
Verbands der österreichischen Musikwirtschaft lesen. Einmal mehr versucht die
Industrie damit gegen die Piraterie zu Felde zu ziehen. Konkret geht es um die
Aufforderung, Provider mögen doch endlich bekannte Seiten wie Piratebay etc.
sperren.
Es ist schon viel darüber geschrieben worden, dass es nicht gerade unproblematisch ist, Infrastrukturanbieter für die verbreiteten Inhalte zur Rechenschaft zu ziehen. Was kann ein Straßenanbieter dafür, wenn Verkehrsteilnehmer beispielsweise zu schnell unterwegs sind? Sollte ein Autohersteller alle Autos drosseln, um Geschwindigkeitsverstöße auf heimischen Autobahnen zu verhindern. In Deutschland ist der Oberste Gerichtshof noch dazu zu einem anderen Ergebnis gekommen als hierzulande. Provider könnten nicht verpflichtet werden, Inhalte zu sperren. In Großbritannien, Belgien, Irland, Finnland und Dänemark, sei es anders. Hier gibt es die Sperrung von Piratebay bereits. Es ist eine leidige Diskussion, da nicht auf das Grundproblem zielt. Warum also die Symptome bekämpfen und nicht die Ursachen.
Wer wird geschützt?
Abseits davon taucht noch ein anderes Problem auf: Wen
versucht die Industrie hier zu schützen? Zuletzt hieß es, Streaming-Portale
könnten die Piraterie massiv eindämmen. In Schweden sei vor dem Marktstart von
Spotify rund 80 Prozent der konsumierten Musik illegal heruntergeladen worden.
In kurzer Zeit sei das Portal zur zweitgrößten Umsatzquelle am digitalen
Musikmarkt avanciert.
Es ist auch nachvollziehbar: Warum soll man sich die Mühe
machen und sich in eine rechtliche Grauzone bewegen, um Bittorrent-Programme
herunterzuladen – Bittorrent ist ein Filesharing-Protokoll, das sich besonders
für die schnelle Verteilung großer Datenmengen eignet – Torrentquellen zu
suchen, Songs und Alben herunterzuladen und in Kauf zu nehmen, dass die
Qualität der Files wieder einmal nicht so ideal ist. Wenn man die Songs so und
so gratis streamen kann. Also ganz legal ohne Download im Internet anhören
kann. In der Musikindustrie haben sich diese Dienste bereits durchgesetzt, nun
sind sie auch für Filme und Serien längst am Sprung in den heimischen Markt,
dann wird sich das auch hier das Problem bald von selbst erledigt haben.
Wer verdient daran?
Ein Problem hat das Streaming aber nicht in den Griff
bekommen. Musiker verdienen damit fast nichts, das gilt auch für die großen
Stars und natürlich für kleine unbekannte Acts (vor kurzem gab es dazu wiedereinen Artikel auf sz.de).
Warum gibt es hier von der Musikindustrie keine Klagen?
Vielmehr hört man bei Pressekonferenzen und bei der Bekanntgabe von
Halbjahreszahlen, wie schön sich das Segment entwickelt. Die Umsätze im ersten
Halbjahr dieses Jahres sind im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum um 60 Prozent
auf vier Millionen € gestiegen. Warum wird hier ein System befürwortet, das den
Urhebern kaum etwas zurückgibt. Der Verdacht liegt nahe, dass beim Streaming
zumindest die großen Labels mitverdienen. Geheim haben sie mit den Plattformen ja
auch die Tarife verhandelt. Geht es am Ende also darum – zugegeben, etwas
pathetisch - den Status-quo einiger Großkonzerne zu verteidigen und nicht um eine
lebendige Kulturlandschaft und Kulturwirtschaft?
Wo bleiben die neuen Modelle?
Die Musikwirtschaft wäre gut beraten, sich einer anderen
Front zu widmen und sich dem wirklichen Problem im neuen Medienumfeld zu
stellen. Netzsperren sind da der falsche Weg, sie treffen in jedem Fall die falschen.
Denn diese Sperren können umgangen werden. Wer es also weiter darauf anlegt,
illegal an Inhalte zu kommen, wird dies auch weiter tun.
Vielleicht sollte man dafür kämpfen, dass die erzielten
Umsätze besser verteilt werden. Vielleicht könnte man sich einmal ansehen, ob
nicht durch eine Modernisierung der Verwertungsgesellschaften mehr Geld für
Künstler generiert werden könnte. Oder: Vielleicht könnte man sich 15 Jahre,
nachdem Napster online gegangen ist und damit die Piraterie wohl maßgeblich vorangetrieben
hat, endlich ein Geschäftsmodell überlegen, das funktioniert.
Der Blogeintrag auf WirtschaftsBlatt.at
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