2014-12-02

Das Match um den Quantencomputer steht bevor

Quantencomputer von D Wave: c. D-Wave

Um die europäische IT-Branche zu stärken, soll nun investiert werden. Das könnte zu spät sein. Das Match um die nächste Schlüsseltechnologie steht kurz bevor.

Wien. „Die heutige Technologie ist spätestens 2021 am Ende“, sagt Georg Gesek, Chef des Wiener IT-Unternehmens Novarion. Denn dann sei Schluss mit dem Moore'schen Gesetz – dem Moore's Law, das seit 1965 die Verdoppelung der Leistungsfähigkeit von Computerchips alle ein bis zwei Jahre vorausgesagt hat.
Aktuell sind Computerchips bei einer Größe von 14 Nanometern angekommen. Chiphersteller Intel hat aber bereits angekündigt, dass in den kommenden Jahren eine Größe von fünf Nanometern geplant sei. „Dann gibt es keine Leistungssteigerung bei Mikroprozessoren mit Halbleitern mehr. Punkt. Das ist eine harte physikalische Grenze“, sagt Gesek. Und genau darauf müsse man sich jetzt vorbereiten. Mit Hochdruck.


"Dann gibt es keine Leistungssteigerung bei Mikroprozessoren mit Halbleitern. Punkt." (Georg Gesek, CEO Novarion)

 

Investitionen in IT

Neben dem technologischen Bruch geht es aber vor allem um den Standort. Soll sich Europa im internationalen Wettbewerb bewähren, muss die IT-Industrie gestärkt werden. Da ist man sich einig: Hersteller wie Georg Gesek, Vera Schneevoigt, Leiterin des Fujitsu-Werks in Augsburg, Capgemini-Österreich-CEO Klaus Schmid und die Politik. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat vorgelegt: Geht es nach ihr, soll ein geplantes EU-Investitionspaket von 300 Milliarden € vorrangig dazu genutzt werden, den digitalen Sektor zu stärken.

Die Industrie 4.0 – also die Vernetzung von IT und Produktion – ist längst in der Strategie der deutschen Regierung festgehalten. Nun hat auch die österreichische Politik Industrie und Digitalisierung für sich entdeckt. Wie das WirtschaftsBlatt berichtet hat, soll stärker in die Infrastruktur investiert werden. „Der Weg in die Wissensgesellschaft muss präziser und schneller sein“, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.

Vera Schneevoigt: c. Fujitsu
"Dass die Politik das Thema jetzt aufgegriffen hat, wundert, verärgert und erfreut uns in gleicher Weise" (Vera Schneevoigt, Fujitsu) 


Mit den Ankündigungen allein ist es noch nicht getan. „Dass die Politik das Thema jetzt aufgegriffen hat, wundert, verärgert und erfreut uns in gleicher Weise“, sagt Fujitsu-Managerin Vera Schneevoigt. Rund 1200 Entwickler beschäftigt der japanische IT-Konzern in Deutschland, einem der Kernmärkte des Herstellers. Seit Längerem verweisen Betriebe auf die Bedeutung der IT: In Deutschland wird die IT-Branche 2014 immerhin noch 1,6 Prozent zulegen, der österreichischen Wirtschaft könne die Industrie 4.0 Effizienzgewinne bis zu zwölf Milliarden € bringen, heißt es in einer Studie der Boston Consulting Group.
Nach den Sonntagsreden müsse man aber jetzt schauen, was daraus wird, sagt Schneevoigt. Als Hersteller habe man bereits Hausaufgaben gemacht. Europäische Geräte könnten punkten. Zumindest, wenn es sich um komplexe Produkte handle und die Materialkosten in der Produktion überwiegen würden. Dann spielten höhere Lohnkosten eine untergeordnete Rolle, so Schneevoigt. 
 

Standort-Cocktail

Dass Produkte komplexer werden, bedeutet aber nicht, dass die Umstellung auf vernetzte Produktion ebenfalls schwerfalle, sagt Klaus Schmid, CEO des IT-Beraters Capgemini: „Wir reden nicht von Raketenwissenschaft. Die Technologien sind vorhanden, man muss sie zusammenfügen.“ Er schlägt einen Stückzähler vor – das sei ein erster Schritt in Richtung Transparenz. Überbewerten dürfe man es aber nicht, sagt Schmid. Nur in Kombination mit Energie, Logistik, Infrastruktur, Steuern und Zöllen schaffe die Digitalisierung den „Cocktail für eine prosperierende Wirtschaft“.
Gesek sieht es dramatischer: Wenn die Halbleiter bald an ihre Grenzen stoßen, komme das Zeitalter einer neuen Schlüsseltechnologie. Wo es technisch hingeht, sei aber längst bekannt – aktuell stehen wir bei Quantencomputern dort, wo Computer in den 1930er-Jahren waren. Drei gibt es weltweit. „Wir wissen aber aus Erfahrung sehr genau, wo es hingeht“, sagt Gesek. Österreich könne eine entscheidende Rolle spielen, bei der Grundlagenforschung sei man bei Quantencomputern und bei dafür notwendigen Supraleitern wie Graphen gut unterwegs. Es fehlt aber an Vermarktung. „Noch schlafen die Amerikaner“, sagt Gesek. Das werde sich rasch ändern. Er spricht von höchstens zwei Jahren: Sei dann nichts passiert, habe man auch dieses Feld verloren.

Der Artikel erschien in der e-Business-Beilage des WirtschaftsBlatt

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