Sehr kurz wehte im vergangenen Jahr ein frischer Wind. Nach dem medienwirksamen Streit des Waldviertler Schuhherstellers Heini Staudinger mit der Finanzmarktaufsicht schrieben sich viele Akteure Crowdfunding auf die Fahnen. Die Finanzierung durch die breite Masse solle Kapitallücken junger Unternehmen schließen. Der Ex-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sprach sogar davon, dass künftiges Wachstum nur aus der Bevölkerung kommen könne. Crowdfunding stehe ganz oben auf der europäischen Agenda. Dieser Besuch ist nun ein Jahr her. Und bei einem zentralen Punkt gibt es in Österreich immer noch keine Einigung: beim Gesetz. So hat vor Kurzem erneut eine Gruppe von "wesentlichen Stakeholdern"-wie sie sich in einer Aussendung nennen-Vorschläge für ein Crowdfunding-Gesetz dem zuständigen Staatssekretär vorgelegt.
Die Idee ist zuwenig
Abseits des politischen Hickhacks hat sich im
vergangenen Jahr aber einiges getan. So hat sich gezeigt, wo der Ansatz funktioniert und noch wichtiger, dass er kein Allheilmittel ist.
Gute Ideen und noch bessere Vorsätze sind nämlich manchmal zu wenig, um bei der Masse zu punkten. Eine Waldviertler Plattform hat erst vor Kurzem noch den zweiten Platz in einem Wettbewerb des Fachverbandes Ubit (Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT) eingeheimst. Aber dennoch: Nur ein Projekt aus dem südlichen Niederösterreich war zuletzt aktiv. Wobei die Laufzeit aber scheinbar verlängert wurde. Und dennoch sieht es für das Skigebiet nicht so positiv aus. Rund 22 Prozent waren finanziert, immerhin rund 33.000 € wurden eingesammelt. Ob in den nächsten eineinhalt Monate sich der Rest noch aufstellen lässt, ist aber fraglich.
Wenig erfolgreich war im vergangenen Jahr übrigens aucheine Plattform, die sich die Finanzierung von Grundlagenforschung vorgenommenhat. Manche Probleme sind mit der Masse eben nicht zu meistern.
Es gibt aber positiven Beispiele: Als Spendenplattform haben
sich so manche Anbieter einen Namen gemacht – zusätzlich sind neue Player, wie
etwa die Bawag (voerst nur bei Spenden), im Feld aktiv. Insgesamt wurden 2013 laut Schätzungen rund 1,8
Millionen € mit unterschiedlichen Formen des Crowdfundings eingesammelt. 2014
könnten es eine Million € nur beim Crowdinvesting gewesen sein – es geht dabei um
Rendite-getriebenen Investitionen, nicht um Spenden. Um als ernsthafte
Alternative zu Krediten wahrgenommen zu werden, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.
Auch komplexe Produkte faszinieren
Die positiven Seiten: Wie sich im vergangenen Jahr aber auch gezeigt hat, haben
auch komplexere Produkte durchaus auch auf Crowdfunding-Plattformen eine
Chance. Denn nicht an der Komplexität sondern oftmals an mangelnder
Emotionalität scheitern Projekte, heißt es von Plattformbetreibern. So hat vor kurzem auch das Wiener PhotovoltaikStart-up Crystal Sol ein Crowdfundingprojekt gestartet. Die Masse habe dabei
sehr gute und kritische Fragen gestellt und sich wirklich auf die Technologie
eingelassen, erzählte der CEO Rumman Seyd beim Firmenbesuch. Das ist nicht
selbstverständlich, schließlich ist auch die Photovoltaik-Folie des
Unternehmens keine einfache Sache.
Das das Projekt mit knapp 68 Prozent Finanzierung halbwegs
läuft, heißt es vom Plattformbetreiber und von Crystal Sol, liegt an einigen
Faktoren: Die Folie ist in der Produktion komplex aber dennoch kann man sich darunter leicht etwas vorstellen. Das Produkt steht halbwegs knapp vor
dem Markteintritt – also Investoren können an einen baldigen Erfolg glauben. Crystal Sol ist nicht
nur auf Crowdfunding angewiesen. Vielmehr ist die Finanzierung der Masse nur ein kleiner Baustein in
einem breiten Finanzierungsmix.
Europäische Ebene
Nicht zuletzt funktioniert das Projekt aber auch deshalb, weil
die Plattform Conda vor kurzem nach Deutschland expandiert hat. Das schafft
einen größeren Markt und bringt somit auch eine viel größere Zahl an
potenziellen Investoren – US-amerikanische Plattformen haben ja bislang gerade von der Größe gut profitieren können.
Damit steht ein weiterer Punkt fest: Die Politik kann sich mit der
einzelstaatlichen Lösung ruhig Zeit lassen. Crowdfunding erreicht eine
europäische Ebene, Regelungen sind dann auch nur auf dieser Ebene sinnvoll.
Wie schätzen Sie das Potenzial von Crowdfunding-Ansätzen
ein? Hype oder Hoffnung? Und unter welchen Voraussetzungen, kann der Ansatz Sinn machen?
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