Als Trend und Schlagwort ist Industrie 4.0 schon ausgelutscht.
Die Vernetzung und die Digitalisierung der Produktion haben in den vergangenen Monaten und Jahren nicht nur die Medien beschäftigt, sondern allen voran die Politik. Es geht um den Standortwettkampf gegen die USA und Asien. Nur die Unternehmen haben davon wenig mitbekommen: Mehr als die Hälfte der österreichischen Industriebetriebe kennen
den Begriff nicht.
Kaum ein Schlagwort ist in den vergangenen Monaten so oft
strapaziert worden, wie Industrie 4.0. Die Digitalisierung und die Vernetzung
von Industriebetrieben bringe die Chance mit sich, den europäischen
Produktionsstandort zu sichern, heißt es seitens der Politik. In Österreich
wird gemeinsam mit den Sozialpartnern und dem Infrastrukturministerium an einer
Plattform gearbeitet, in Deutschland ist das Thema sogar bis ins
Bundeskanzleramt vorgedrungen. Nur mit der Modernisierung der Produktion könne
man sich gegen Konkurrenz aus Asien und den USA durchsetzen. Denn bei Lohn-,
Lohnneben-, oder Energiekosten haben europäische Unternehmen längst den Kürzeren
gezogen.
Dem Hype zum Trotz ist Industrie 4.0 in Österreich aber
immer noch ein Fremdwort. 53 Prozent können sich unter dem Begriff nichts
vorstellen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Gallup-Umfrage unter 200 heimischen Industriebetrieben
im Auftrag des Automationsunternehmens Festo. 47 Prozent haben zwar bereits
etwas über den Begriff und das Konzept gehört, Industrie 4.0 stößt aber auch
hier nicht überall auf offenen Ohren. So gab ein Viertel der Befragten an, noch
weitere Informationen zu brauchen. Jedes fünfte Unternehmen glaubt, dass es
sich nur um einen Hype handle, der wieder vorübergehen wird. Und acht Prozent
der Befragten gehen davon aus, dass das Thema Europa weniger betreffe als Asien
oder die USA.
Investitionen notwendig
„China und die USA sind bei der Produktion ganz klar auf der
Überholspur“, sagt Festo Österreich-Geschäftsführer Rainer Ostermann. Aber
angesichts der Umfrage sei er bestürzt. Denn während in anderen Ländern in die
Umwandlung der Produktion investiert werde, gebe es hierzulande noch
Aufholbedarf.
Vor allem betrifft das das Thema Ausbildung – einer Grundvoraussetzung
zur Modernisierung der Produktion. Laut Umfrage ist die Qualifizierung der
Mitarbeiter für heimische Industriebetriebe ein wesentlicher Faktor: Gut
ausgebildetes Personal ist bei den Industriebetrieben nicht nur für
zusätzliches Wachstum verantwortlich. Qualifikation ist auch einer der
wichtigsten Punkte, um Produktionskosten zu senken. Und dennoch wollen aktuell
nur noch 36 Prozent der Befragten die Budgets für Ausbildung anheben. 2013 waren
es noch 46 Prozent.
Veränderte Anforderungen
Das könne sich rächen, heißt es von Festo. Denn Industrie
4.0 heiße zwar nicht, wie oft kolportiert, dass Jobs zwangsläufig wegfallen,
sondern dass sich Arbeitsprofile verändern. Viele Unternehmen haben aus Angst
vor Veränderung darauf aber noch nicht reagiert, sagt Hermann Studnitzka,
Leiter der Abteilung Didactic Concepts bei Festo Österreich.
Dabei lasse sich leicht gegensteuern: Unternehmen dürfen
nicht zuwarten oder versuchen die Entwicklung durch zu tauchen. Statt nur auf
Fachwissen sollten Unternehmen auch bei der internen Weiterbildung verstärkt
auf angewandtes Wissen und Handlungskompetenzen setzen. Zudem braucht es ein
strategisches Kompetenzmanagement und eine Überprüfung der Maßnahmen. Nicht
zuletzt verschwimmen mit der Industrie 4.0 die Grenzen zwischen physischer und
virtueller Welt: Mitarbeiter müssen deshalb in beiden Welten fit sein, sagt
Studnitzka.
Der Text erschien auf WirtschaftsBlatt.at, Foto: c.flickr - poltec Magazin
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