2015-06-03

Systemkampf in der IT: Statt Konkurrenz nun das Ökosystem

IT-Unternehmen bauen mit Partnern eigene Ökosysteme. Die Kollaboration muss sich aber erst beweisen.

Eines hat sich in der Wirtschaft gehörig verändert: "Firmen konkurrieren nicht mehr miteinander", sagt Ferry Habasche, Wissenschaftler am Institute für Strategic Management der Wirtschaftsuniversität Wien. Der Wettkampf ist natürlich nicht vollkommen verschwunden, aber die Fronten haben sich klar verschoben.


Nicht mehr Unternehmen, sondern vielmehr gesamte Ökosysteme matchen sich, sagt Habasche mit Verweis auf den aktuell größten Kampf: Apples Betriebssystem gegen Googles Android. Aber auch für andere große IT-Unternehmen ist der Aufbau einer Plattform und eines Ökosystems längst Kernstoßrichtung, wie es bei Cisco heißt. Das gilt für viele Konzerne, auch für Schwergewichte wie zum Beispiel Microsoft oder SAP.

Ferry Habasche: "Firmen konkurrieren nicht miteinander"
Man arbeite eigentlich schon sehr lang mit Systempartnern zusammen, sagt Markus Noga, SAP-Vizepräsident für den Bereich Research-Partner und Start-ups. Neu sei allerdings die verstärkte Kooperation mit Start-ups: "2000 Unternehmen bauen auf die Datenbanklösung SAP Hana auf, dabei wurden 175 Lösungen neu entwickelt",sagt Noga. Nicht nur das zeige, dass sich SAP von einem Softwarehaus längst auch zu einem Plattform-und Technologiehaus entwickelt hat. Und davon lässt sich profitieren, schließlich werden 60 Prozent der Anwendungen, die von Start-ups entwickelt wurden, bei Kunden außerhalb des Ökosystems verwendet. SAP rückt damit an neue Kunden heran.

Schonfrist geht zu Ende

Der Trend geht klar in eine Richtung, sagt Habasche: Kooperationen mit Start-ups werden stark zunehmen. Das zeigt sich an den Zahlen. Habasche kommt zu dem Schluss, dass Konzerne 40 Prozent ihrer Umsätze bereits aus strategischen Allianzen erzielen. Das jährliche Wachstum liegt bei 15 Prozent. Noch deutlicher zulegen werden die Umsätze bei Kooperationen mit Start-ups. Denn ihre Produkte kommen vielfach erst auf den Markt.

Damit geht aber auch die Schonfrist für viele Start-up-Programme zu Ende, sagt Julian Kawohl, Professor für strategisches Management an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW): "Der Aktionismus wird bald vorbei sein." Kaum ein großes Unternehmen sei ohne eigenes Programm ausgekommen. Kawohl: "Jetzt müssen sie langsam Ergebnisse liefern."
Julian Kawohl: "Der Aktionismus ist bald vorbei"

Aber genau das fällt vielen schwer, denn Konzernen sei es kaum gelungen, ihre Kultur zu ändern. Das Bekenntnis von ganz oben und die Öffnung gegenüber Externen ist dabei Grundbedingung. Der Hype ist wieder vorbei, sagt Kawohl. "Jetzt wird sich zeigen, wo Kollaboration und wo Competition herrscht."


Dieser Artikel erschien im WirtschaftsBlatt. Foto: c Flickr/Tsahi Levent-Levi
 

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