2015-08-28

Der lange Weg zur Pilotfabrik

 
Warten auf die Pilotfabrik
- In Wien Aspern eröffnet die erste Industrie 4.0-Pilotfabrik ihre Pforten. Die 4 Millionen € teure Anlage wurde gefördert vom Verkehrs- Innovations- und Technologieministerium, der TU Wien und Partnerunternehmen.

 

- Die Förderung war nicht ganz einfach: Die Forschungsförderungsgesellschaft musste dafür eine neue Förderschiene aufbauen.

 

- Eine neue Halle und weitere Pilotfabriken gibt es wahrscheinlich erst 2017. Nun ist die Fabrik erstmals in der Pilotphase.

 

 Mit etwas Verspätung wird in Wien Aspern die erste Pilotfabrik eröffnet. Hier sollen sich Wissenschaftler und Unternehmen an die Industrie 4.0 annähern. Noch steckt die Fabrik in der Pilotphase.



Wien. Viel Platz ist in der rund 500 Quadratmeter großen Fertigungshalle nicht. Wenn im Technologiezentrum Aspern IQ die erste Industrie-4.0-Pilotfabrik eröffnet wird, kann es für die Besucher zwischen den Produktionsmaschinen eng werden.
Und auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: „Hier entscheidet sich die Zukunft der österreichischen Industrie“, sagt zum Beispiel Alois Stöger (SPÖ), Minister für Verkehr, Innovation und Technologie.
Deshalb habe sein Ministerium einen Schwerpunkt auf die viel zitierte Industrie 4.0 gelegt. Nach der Automatisierung der Produktionsanlagen werden diese nun über das Internet vernetzt und damit zu smarten Maschinen aufgewertet. Das hat enorme Auswirkungen auf den gesamten Produktionsprozess: angefangen bei der stärkeren Kooperation mit Zulieferern und Partnern über die Anzahl und Art der Mitarbeiter,bei den verwendeten Maschinen bis hin zu neuen Produkten und Geschäftsmodellen, die durch die Vernetzung erst entstehen. „Diese Entwicklung passiert mit oder ohne uns“, sagt Stöger. Da es dabei nicht zuletzt um Wachstum und Arbeitsplätze gehe, betreibe Stöger deshalb ganz bewusst Industriepolitik.

 

20 Partner an Bord


So wurden bereits einige Initiativen unter Führung des Ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) gesetzt: Zum Beispiel wurden Stiftungsprofessuren ausgeschrieben und vor knapp zwei Monaten wurde gemeinsam mit der Industriellenvereinigung (IV), der Arbeiterkammer (AK), der Gewerkschaft und einigen Fachverbänden ein eigener Industrie-4.0-Verein gegründet.
Nun soll auch die Modell- und Forschungsfabrik ihre Arbeit aufnehmen und Unternehmen damit die Möglichkeit geben, neue Arten der Produktion gemeinsam mit Wissenschaftlern der Technischen Universität (TU) Wien zu erforschen, zu testen und weiterzuentwickeln. Rund 20 Unternehmen sind aktuell bereits an der Pilotfabrik beteiligt, wie zum Beispiel Bosch, Siemens Österreich, GGW Gruber oder Emco.

 

Probleme bei Förderung


Bis zur Eröffnung der Fabrik war es aber ein langer Weg: Bereits im vergangenen Jahr hat die damalige Ministerin Doris Bures (SPÖ) im Rahmen eines Förderschwerpunkts Industrie 4.0 die Gründung der Anlage angekündigt. Insgesamt sollten 2014 und 2015 rund 250 Millionen € in den Schwerpunkt fließen. Die Pilotfabrik selbst wird zu je zwei Millionen € vom Ministerium und von der TU mitsamt den Unternehmenspartnern finanziert. Doch gerade diese Förderung gestaltete sich schwierig. Die staatliche Fördergesellschaft FFG konnte auf kein bestehendes Programm zurückgreifen – Forschungsinfrastruktur abseits der Universitäten zu fördern, war eine Neuerung. Deshalb musste zuerst ein Förderinstrumentarium geschaffen werden. Der Start der Anlage verzögerte sich zuerst auf den Jänner und nun auf August.

 

Auf Strukturen aufgebaut


Abgeschlossen ist der Prozess um die neue Fabrik aber noch nicht, obwohl man am Standort Aspern auf bestehende Strukturen aufbauen konnte. So betrieb die Technologietransfergesellschaft der TU Wien, die ResearchTub, hier bereits seit Jahren eine Produktionsstätte zur Fertigung von Prototypen. Unter anderem wird in Aspern das Elektrofahrrad Mi-bike hergestellt. Die bestehenden Produktionsmaschinen werden nun in die Pilotfabrik integriert, die Research Tub auf den reinen Technologietransfer beschränkt, heißt es am Rande der Eröffnung.

Bei der Pilotfabrik befinde man sich aktuell noch in der Pilotphase. Nachdem der Standort geklärt sei, können nun konkrete Forschungsprojekte ausgeschrieben werden und sowohl Partnerunternehmen als auch Wissenschaftler angesprochen werden. Bis zu 15 Wissenschaftler sollen vorerst hier arbeiten. Der Regelbetrieb werde etwa in ein bis zwei Jahren starten. Dann soll es auch eine eigene Produktionshalle vor dem Aspern IQ geben. Wobei: Konkrete Produkte werden auch dann nicht hergestellt, vielmehr soll die Fabrik Wissen für die heimischen Industriebetriebe produzieren. Drei weitere Pilotfabriken sollen österreichweit folgen.

 

Fabrik als Standortfaktor


Trotz des schwierigen Starts zeigen sich sowohl Unternehmen als auch die Stadt begeistert. Dass für die Unternehmen eine so umfassende Experimentierstätte mit aktuellem Equipment eingerichtet werde, sei schon eine große Sache und eine sehr gute Maßnahme, um im globalen Wettbewerb standzuhalten, heißt es beispielsweise von Siemens.

Und nicht zuletzt sei die Errichtung für den Standort positiv, sagen Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und der Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien, Gerhard Hirczi. „Aspern ist das ideale Zentrum, das man für einen Wissenschaftsstandort braucht“, so Häupl, da hier Universitäten, Facharbeiter und Unternehmen vernetzt werden. Das kommt bei Unternehmen gut an, sagt Hirczi. Mit der Pilotfabrik wird Aspern nun stärker beworben. Eine Reihe von Unternehmen will sich hier ansiedeln, mit Projektbüros und mit Fertigungsbetrieben, sagt Hirczi. Die Gespräche laufen.

Dieser Artikel erschien im WirtschaftsBlatt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen